Paul Watzlawick hat einmal formuliert, es sei unmöglich nicht zu kommunizieren. Ähnlich verhält es sich mit der Erziehung. Erziehung hat eben nichts mit Ziehen zu tun. In der indischen Philosophie gibt es ein Bild: Man schaut dem Gras beim Wachsen zu. Wenn man am Grashalm zieht, damit dieser Halm schneller wächst, dann reißt man ihn mitsamt seiner Wurzeln aus der Erde. Dieser Halm verdorrt. Erziehung ist deshalb Begleitung der Kinder in das Leben.
Erziehen ist Begleitung der Kinder ins Leben.
Erziehung hat mit Gelassenheit zu tun, eine Gelassenheit, nicht zu verwechseln mit laisser-faire, mit gedankenlosem Wachsenlassen. Deshalb stellt sich Erziehung in den unterschiedlichen Entwicklungsphasen eines Kindes so verschieden dar: Je jünger das Kind, umso mehr Begleitung braucht es, je älter, je selbständiger es wird, umso mehr kann es losgelassen werden. Doch hat Loslassen nichts mit Fallenlassen zu tun. Das Kind braucht Halt, es braucht Geborgenheit, es benötigt jemanden, der erzieherische Verantwortung übernimmt. Man darf sich aus der Erziehung nicht zurückziehen, weil sich die Heranwachsenden ansonsten alleingelassen fühlen. Erziehung hat viel mit Bindung, mit Empathie, mit Annahme zu tun. Erziehung dient dazu, dass sich selbstbewusste, eigenständige Persönlichkeiten ausbilden, die sich ihrer Stärken, ihrer Kompetenzen bewusst sind.