„Mein Kind zieht sich völlig zurück, es igelt sich ein“, erzählt eine Mutter. „Das Familienklima ist hin. Bei jeder noch so klitzekleinen Angelegenheit knallt es.“, berichtet ein Vater. „Mein Sohn hat nur noch schrille Musik, Freunde und Vergnügen im Kopf! Auf Schule und häusliche Pflichten pfeift er.“
Manchmal bekommt man den Eindruck, Eltern werden von der Pubertät ihrer heranwachsenden Kinder völlig überrascht. Die Zeiten, in denen Väter und Mütter die eigene Pubertät aus und durchgelebt haben scheinen vergessen. Nun wird die Erinnerung wieder geweckt durch die Pubertät der eigenen Kinder. Dabei mag Verständnis für die pubertierenden Heranwachsenden aufkommen, wobei Verständnis nicht mit einem gleichgültigen Gewährenlassen verwechselt werden darf. Auch wenn sich der Pubertierende zurückzieht, und sich die Kommunikation als schwierig erweist, so ist es doch wichtig, im Gespräch zu bleiben, eigene Normen und Werte zu vermitteln. Nur im Abarbeiten an vorgelebten elterlichen Modellen kann der Pubertierende diese prüfen und übernehmen. Dies geschieht nicht sofort und voller Einsicht, sondern vielmehr durch Kritik und Streit.
Pubertät kommt vom lateinischen Wort „pubes“, das bedeutet „Körperhaar“.
So verdeutlicht das Wort anschaulich die körperliche Entwicklung, die Pubertierende durchmachen: auf dem Schamhügel und unter den Armen sprießen die ersten Haare. Spannungen, Irrungen, Wirrungen, widerstreitende Emotionen kennzeichnen diese Phase. Mal zu Tode betrübt, mal himmelhoch jauchzend, mal ganz Macho, Prinzessin, voller Starallüren, mal Pechmarie und Aschenbrödel, mal unendlich verliebt, mal allein gelassen mit sich und von der Welt. „Das ist ein blödes Alter“, erzählt die 16-jährige Caroline. „Ich hab‘ nur Stress mit der Familie, ecke überall an.“ Gabriele, 15 Jahre, ergänzt: „Mal lache ich tagelang, mal heule ich nur, weil ich mich so absolut hässlich finde. Nichts passt mir, meine Familie nicht, meine Kleidung, alles passt mir nicht.“
Während der Pubertät nehmen Heranwachsende Abschied von gestern, sie verlassen allmählich ein gewohntes Zuhause, vertraute Strukturen- und zugleich haben sie noch keine neuen Sicherheiten, keine Regeln und Rituale, die ihnen Verlässlichkeit bieten. Pubertierende sind deshalb häufig orientierungslos – und bei der Suche nach Halt schlagen sie nicht selten um sich. Mittels zerstörerischer Grenzüberschreitungen suchen sie Strohhalme und Balken, die ihnen beim Überleben in unbekannten Gewässern helfen. Eine Pubertät ohne Schmerz, ohne Trauer und Tränen kann man sich nicht vorstellen. Es ist eine Zeit voll intensiver Gefühle. Patrick, 15 Jahre, findet „diese Zeit“ stark: „Du kannst machen, was du willst. Du kriegst immer Aufmerksamkeit. Verstehen tut mich keiner, aber das ist mir egal.”