Kinder brauchen Halt und Zuversicht. Das gelingt nur, wenn man ihnen zuhört, die Sicht der Kinder einnimmt. Kinder denken über Krisen nach: Sie sind manchmal unsicher, öfter traurig, gar wütend. Sie machen sich ihre Gedanken, über sich, über “Gott und die Welt”.
Kinder zeigen Humor. Humor ermutigt, schafft Vertrauen in eigene Fähigkeiten. Vertrauen schließt Zuversicht ein, Lösungen zu finden. In Krisenzeiten brauchen Kinder das Gefühl: Man kann sich auf Eltern verlassen. Sie geben Halt, vermitteln das Gefühl, schwierige Situationen zu meistern: “Gemeinsam sind wir stark!”
Krisen machen deutlich, auf was es bei deren Bewältigung ankommt: auf Haltung, einer Haltung, die sich aus Humor und Herz, aus Verstand und Vertrauen speist und zusammensetzt.
Lache dreimal am Tag mit deinem Kind – lache über dich, lache über das Kind, lacht gemeinsam –
Diesen Tipp hatte der Pädagoge Pestalozzi vor über 220 Jahren für geplagte Mütter und Väter parat. Lachen erschüttert im wahrsten Sinne des Wortes, es schafft Räume, eine gewisse Leichtigkeit.
Kinder lachen bis zu 400-mal am Tag, Erwachsene höchstens 20-mal. Lachen steckt an, im Lachen erhebt man sich für Augenblicke aus einer unerträglich erscheinenden Wirklichkeit. Zugleich gibt Lachen auch Kraft, sich dieser Realität zu stellen, mit Aufgaben fertig zu werden, Aufgaben, die sich meterhoch vor einem türmen und kein Ende nehmen.
So ist es – meine Gespräche zeigen das – vielen Erwachsenen ergangen, insbesondere Müttern. Sie habe sich mit ihren Kindern abends, “wenn die Kinder ins Bett sollten, Witze erzählt.” Das gefalle ihr an der Kinderseite der Süddeutschen Zeitung so gut: “Da gab es immer zwei Witze. Und man musste entscheiden, über wen man mehr lachen konnte!” So habe der Abend mit “einer gewissen Leichtigkeit aufgehört. Und das tat gut!”
Und eine andere berichtet davon, dass man sich “Quatschgeschichten” ausgedacht habe:
Richtiges Nonsens. Das tat uns allen gut!
Humor lässt stressige Momente für Augenblicke erträglich erscheinen. Man beamt weg in eine Zeit – und sei sie noch so kurz –, in der Sorgen und Nöte verschwunden sind, nicht mehr existieren. Auch dem Helden, der Heldin im Märchen war der Witz, war der Humor wichtig, um gefährliche Situationen zu bewältigen, um die Abenteuer zu bestehen. Auch sie wussten nicht, wohin die Reise geht, wie sie endet. Denn das Happyend war – wie in der gegenwärtigen Situation – noch weit weg. Aus-halten ist die Devise. Und das kann man nur, wenn man unter-halten ist. Und bei der Unterhaltung ist Lachen die beste Medizin. Sie besiegt zwar nicht die Viren, aber Lachen schüttet Glückshormone aus, die für die gefühlsmäßige Bewältigung von Problemen, die für den Stressabbau so bedeutsam ist. Ermutigung statt Entmutigung, Zuversicht statt Panikmache heißt die Devise.
Natürlich: Corona hat tief in den Alltag von Kindern eingegriffen. Sie waren in der Tagesstätte, in der Schule von ihren Freund*innen über Wochen getrennt. Spielplätze waren geschlossen. Nichts ging mehr. Einzig die digitalen Medien waren da und wurden genutzt. Und hier haben Fernsehen und Zeitung eine wichtige Begleitung geleistet. Kinder haben sich Sorgen gemacht – um ihre Eltern und deren Arbeitsplatz, um Oma und Opa, über so vieles mehr. Ängste waren die Folge, die sich in Schlafstörungen, Verhaltensunsicherheiten, Alpträume gezeigt haben.
Corona berührt nachhaltig den Gefühlshaushalt von Kindern. Und trotzdem gibt es keinen Grund, Kinder als unselbständige Wesen zu betrachten. Corona zeigt: Es gibt kein Leben ohne Angst, sie mahnt, macht vor-sichtig. Man kann mit Angst leben lernen, also der Angst vor der Ansteckung. Man wäscht sich die Hände, hält Abstand (auch wenn es schwerfällt), setzt eine Maske auf, nicht um mich, sondern um andere zu schützen. Welch solidarischer Gedanke, der Kindern hier durch ihr Tun vermittelt wird.
Gleiches gilt für die Eltern. Auch sie können ihre Kinder nur annehmen, wenn sie sich selber angenommen fühlen, wenn sie Wertschätzung und Ermutigung für ihre Erziehungsarbeit erfahren. Denn auch das hat die Corona-Krise mit sich gebracht: Die Zuwendung, die Kinder brauchten, ist nicht selten auf Kosten der Partnerschaft gegangen. Häufig blieb nicht die Zeit dafür. Man war nur Vater und Mutter, zu selten Mann und Frau. Fehlende Rückzugsmöglichkeiten sind ein weiterer Stressfaktor in der Corona-Zeit. So wichtig es ist, die Rolle als Vater und Mutter auszufüllen, so notwendig ist es, sich Zeiten als Mann und Frau zu nehmen und diese auszufüllen.
“Das konnte man gar nicht fassen, was da mit einem Male alles passierte. Das ging gar nicht alles in einen Kopf, was da auf einen zukam”, erzählt eine Mutter: “Da musst man schon klare Gedanken fassen. Ruhig Blut! Das hört sich so verdammt einfach an, wenn du das und das noch erledigen musst!”
Der Kopf, den Verstand nicht verlieren – dieser altehrwürdige Satz, der sich wunderbar anhört, der ist in der konkreten Krisensituation zwar im Hinterkopf (“Ruhig bleiben!”, “Nur einen Schritt zugleich!”, “In sich selber ruhen!”), aber ihn dann umsetzen, das fällt verdammt schwer, hat doch das Leben im Krisenmodus nichts mit Yoga zu tun, obgleich Meditation sehr hilfreich sein kann. Nur: Wenn die Kinder schreien, das Essen kocht, der Chef gleich anruft und die Wohnung aussieht, wie bei Hempels unterm Sofa, dann fehlt einem die Kraft. Denn es waren ja viele Aufgaben zu erledigen, manche zugleich, manche schnell nacheinander, und einige Kinder haben bald zwischen dem “Gleich” der Mutter (schnell!) und dem des Vaters (irgendwann!) zu unterscheiden gelernt.
Aber die Erledigung von Aufgaben standen tagtäglich an:
- dem Alltag eine veränderte Struktur geben mit festgelegten Ritualen
- die Trennung von Lern- und Freizeit bei den Kindern
- Nähe, aber auch Distanz ermöglichen
- sich dem Homeoffice und dem Homeschooling stellen
- beim “Mir ist langweilig” der Kinder nicht ausflippen
- soziale Kontakte – wie auch immer und sei’s via Medien – pflegen
- Achtung und Respekt an den Tag legen und einfordern
- schließlich Sicherheit geben und Zuversicht vermitteln. Denn: Es gibt ein Leben jenseits von Corona.
Und dazu braucht es Vertrauen, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, Vertrauen in die Stärken der Kinder. Man muss für sie da sein, aber man kann auch von ihnen lernen. Man kann die Krisen nicht für sie lösen, man kann ihnen aber Schlüssel in die Hand geben, damit sie ihren Teil zur Lösung beitragen. Und das machen sie gerne.
Zum Vertrauen gehört eine Haltung, eine 3-G-Regel:
- Man erfährt Grenzen, auch die Grenzen der Machbarkeit.
- Man braucht Geduld, man entschleunigt, ist der Weg, um Krisen zu bewältigen, doch das Ziel.
- Man erlebt große Gefühle, auch Gefühle von Macht- und Ratlosigkeit
Die Krise lehrt uns eine Rückkehr auf das menschliche Maß! Hoffentlich! Und es werden die Kinder sein, die uns dieses Maß vor Augen halten werden!
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